Erzgebirgsgarten – Natur im Garten 
 

Über den Gärtner & Historie des Gartens


Als wir dieses Haus im November 1998 kauften, bestand der Garten aus mehreren Teilflächen mit einer Gesamtgröße von ca. 3000 m² und ist im unteren Bereich des Preßnitztals im Erzgebirge gelegen. Ein großer verlassener Garten, der schon mehrere Jahre nicht mehr bewirtschaftet wurde und der vor einigen Jahren mit Bauschutt aufgefüllt und eingeebnet wurde, einem ebenso komplett verwilderten Vorgartenbereich und einem noch mehr verwilderten Bereich um die Garagen. Es gab am Rand uralte Pappelbäume mit hohlem Kern. Von denen der erste Herbststurm schon gleich einen auf das benachbarte Feld umwarf und einen zweiten schief drückt. Alte Nadelbäume mit ebenfalls morschem Kern und unzählige Kleinbäume im Alter von 4-10 Jahren. Herausragend waren die pflanzlich im guten Zustand befindliche Winterlinde und eine Konifere mit samtweicher Rinde, der später einmal den Namen „Katzenkratzbaum“ erhalten sollte. Am süd-westlichen Rand auf dem Nachbargrundstück moderten die Reste eines alten Mühlgrabens vor sich hin, im dem Meterhohe Nesseln wuchsen und in dem bei etwas Wasserstand im Frühjahr die Frösche und Kröten es hoch her gingen ließen.

In all dem verfallendem Ambiente schlummerte das Haus vor sich hin und driftete mehr und mehr in die gleiche Richtung wie die vermodernden Pappeln. Da das Haus in der Sanierung als Familiensitz Vorrang hatte, wurde der Garten noch notdürftig von allem baufälligem befreit. Besonders die stark gefährdenden Bäume mussten unbedingt gefällt und eingelagert werden. Danach diente der Garten auch für uns als Ablagerungsort für Bauschutt. Bis im Jahr 2000 zumindest mit großflächiger Einebnung und Abdeckung mit Mutterboden der Garten zumindest als Grünfläche hergestellt werden konnte. Alle anderen Flächen im Garten mussten mühevoll vom Baumkleinwuchs, wilden Brombeerhecken, schier unendlich wildwuchernden Schneebeerhecken, Getränkeflaschen und sonstiger Glasbruch, Lumpen, Kabelabfällen, alten Autoreifen, alten Farbbüchsen, Schrott aller Art und vielen vielen anderen Dingen bereinigt werden.

Ich verbrachte gefühlt die nächsten drei-vier Jahre immer wieder damit den Garten von irgendwelchem Müll zu befreien. So lange dauerte es, bis auch die letzten „Vorbeifahrenden“ mitbekamen, dass unser Garten nicht länger als Müllhalde zu missbrauchen ist.

All die Strapazen mit der Haussanierung und den Rückzahlungen von Krediten ließen die nächsten Jahre den Garten als Grünfläche mit ein-zwei kleinen Blumenbeeten verweilen. Schlichtweg hatte ich keine Lust im Garten die Untaten der Vorfahren (und zum Teil auch meine) auszugraben. Obst und Gemüseanbau auf Bauschutt und Steinflächen fand ich keine passende Idee.

Erst mit den Jahren begann ich mal hier mal da mit der Pflanzung von Gehölzen. Und ich kann es nur wiederholen, nach jedem neu gepflanzten Baum war ich der Meinung es war der letzte! Schon bei der Platzwahl konnte ich anhand des Wissens um den Untergrund sehr eng wählen. Dann folgte der Spaten oder die Gabelprobe an der Wunschstelle. Ging der Spaten nur 5-8 cm in den Boden, musste ich mit der Gabel gegenprüfen. Konnte ich diese bis Zinkentiefe einrammen, befand ich den Platz doch noch als optimal. Danach ging es mit Kreuzhacke und Brechstange ans Pflanzloch graben. Manchmal hatte ich Glück und stieß erst nach 30 cm Tiefe auf einen riesigen Stein- oder Betonbrocken. Dann ging es ans Sondieren: Bekomme ich den Brocken raus, muss ich den Brocken zerlegen oder ich schütte das Loch gleich wieder zu und suche mir einen besseren Platz. So endeten einige Pflanzaktionen mit dem Einsatz eines großen Bohrhammers und viel Schweiß, aber stets mit einigen Schubkarren voll Steinen oder anderen „Bodenschätzen“. Oftmals hatte ich es so satt, dass ich Bäumchen einfach auf den Schutt pflanzte, was sich stets rächte und ich danach immer ordentlich und sorgfältig auch brauchbaren Boden hinunter grub. Es waren die Zeiten, wo ich vier bis sechs Stunden brauchte, um einen einzigen Baum zu pflanzen und dabei vier bis sechs Schubkarren Steine und Müll abtransportierte.

Zu dieser Zeit stand nie die Frage, Blumen- oder Gemüsebeete anzulegen. Das Grauen im Boden schreckte ab. Eine gepflegte Rasenfläche deckt - wie bekannt - alle Untaten darunter gut ab. So war ich zwar nie glücklich mit dem Garten und schob die Urbanisierung in die Zukunft. Ja und dann gab es noch viele andere Baustellen wie die Garagenanlage, die meine Arbeitskraft verlangten. Außerdem war damals meine Denke noch anders: "Natur ist ringsum, Ordnung ist im Garten!"

Einzig die Einfriedung trieb ich schon damals mit Nachhaltigkeit voran. Hier kamen mir zwei besondere Umstände zugute aus denen ich etwas machen wollte. So standen zum einen seit eh und je viele Fliederhecken auf dem Grundstück – meist Wildflieder in weiß und blau aber auch Edelflieder. Zum anderen sollten auf dem Nachbargrundstück alte verwilderte Gartenparzellen eingeebnet werden, die allesamt mit Ligusterhecken eingefriedet werden. Da sah ich die Chance mit Liguster und Flieder eine dichte wie auch lebendige Hecke zu gestalten. Der Nachbar war froh die Liguster nicht selbst entfernen zu müssen und ich hatte eine gute und wüchsige Heckenbasis. Diese Mischheckenart hat sich über die Jahre bewehrt und wurde noch verfeinert und ausgebaut.

Die Umgestaltung der Grünflächen begann erst richtig ab 2015. Mir dämmerte, dass meine Denke "Natur ist ringsum, Ordnung ist im Garten" so keinen Bestand mehr hatte. Die Sommer wurden heißer, Vögel wurden weniger, auf den Feldern nebenan wurde gemäht oder abgefressen, bevor überhaupt etwas blühen konnte. Ja und wenn etwas blühte, dann sah ich kaum noch Insekten auf den Blüten. Das durfte nicht sein! Ab da lautete meine neue Denke: "Natur muss in den Garten." Irgendwie fühlte ich mich massiv schuldig an der gewachsenen Situation. Hatte ich doch durch die „grüne Hölle“ in meinem Garten maßgeblich die Natur mit vergrault. So ging ich in die Planung zur Umgestaltung des gesamten Erzgebirgsgartens. Zuerst größer angebunden mit einem Gartenplaner, dann doch wieder auf der Basis meines Gartenwissen aus den Jugendjahren.

Es galt viel zu lesen, sich zu informieren, Fernsehsendungen und Video zum Thema Garten zu schauen. Dabei bestätigen mir vielen Seiten und Stellen, wie groß der Schaden durch den Menschen an der Natur schon ist. Forciert wurden meine Bemühungen durch eine Beobachtung im Mai 2018. Es war ein wunderprächtiger warmer Frühlingstag – die Sonne schien, es wehte nur lauer Wind. Der Bauer hatte die Kühe noch nicht auf die benachbarte Weide getrieben, es blühte daher dort bunt gemischt und ausgewogen. Von meinem Garten aus inspizierte ich diese Wiese und erfreute mich daran, bis ich merkte auf der Wiese stimmt was nicht. Egal wo ich hin sah, egal wie dicht oder weit die Blüten standen, egal ob in praller Sonne oder im Halbschatten – ich konnte keine Insekten erkennen. Nicht einige einzige Biene oder Hummel, keine Fliege oder ähnliches. Selbst als ich durch die Wiese lief, um mich zu vergewissern, konnte ich keine entdecken. Das schockierte mich derart und meine Denke dem Abzuhelfen, sprang auf fünf nach Zwölf.

Seit dieser Zeit wird im Garten umgedacht. Natur hat fast den vollen Freiraum bei mir im Garten erhalten. Sämtliches chemisches Gartenpflegezubehör wurde restlos verbannt. Pflanzen ohne wirklichen oder nur mit geringem ökologischem Nutzen werden Schritt für Schritt durch nützlichere ersetzt. Was nie blüht wird ebenfalls durch Blühendes ersetzt und dann zog Vielfalt im Garten ein. Eigentliche Wildpflanzen fanden Platz in meinem Garten. Pflanzen, die früher auf den Feldern und Wiesen nebenan wuchsen und blühten, dies mittlerweile durch die Bewirtschaftung nicht mehr können, finden bei mir im Garten ein neues Zuhause.

… und so nahm die Umgestaltung in einen wahren Erzgebirgsgarten seit dem seinen Lauf und wird wohl nie enden.